Dr Philipp Boersch‑Supan

Quantitative Ecologist

Die ersten Pings, die ersten Netze

27°23' S, 56°17' E

Gut drei Tage sind wir nun auf See und nach der ersten ozeanographischen Station am Freitag haben wir nun auch die erste volle Station absolviert, d.h. ein komplettes Ensemble von biologischen und ozeanographischen Parametern.
Unsere erste volle Station ist ziemlich genau in der Mitte zwischen Reunion und dem ersten Seamount den wir besuchen wollen. Mitten im offenen Ozean, um uns herum nur Horizont und gut 5000 m unter uns die abyssale Ebene des Madagaskar-Beckens. Genau wegen dieser flachen Ebene sind wir hier, die Station soll uns Referenzdaten fuer die Stationen am SWIO-Ruecken liefern. Hier koennen wir sicher sein, dass die ozeanographischen und biologischen Prozesse nicht von der Topographie des Meeresboden beeinflusst werden.
Wir erreichen die Station am Samstag gegen 9:30 Ortszeit und verbringen dann die naechsten sechs Stunden damit ein 10x10 Seemeilen grosses Gebiet in Bahnen abzufahren. An Bord des Schiffes erscheint es ziemlich wiedersinning mitten im offenen Ozean ein Stueck zu fahren, dann eine harte Linkskurve hinzulegen und wieder in die entgegengesetzt Richtung zurueck zu fahren. Sinn und Zweck der Uebung ist es eine moeglichst grosse Wasserflaeche systematisch zu vermessen und zwar mit Schall.


Am Kiel der Nansen sind verschiedene Typen von Echoloten angebracht, und waehrend unseres Zickzack-Kurses laufen zwei davon: Das "EK60", ein Mehrfrequenz-Fischerei-Echolot, und ein ADCP (acoustic doppler current profiler). Waehrend das ADCP von den Ozeanographen an Bord genutzt wird um mit akustischen Tricks die Stroemungsstruktur in der oberen Wassersaeule zu entschluesseln, arbeitet das EK60 fuer mich.
Alle paar Sekunden wird ein akustischer Ping in die Wassersaeule geschickt, und sobald die Schallwelle auf etwas trifft, dass nicht Wasser ist, wird ein Teil der Energie zum Boot zurueckgeworfen und registriert. Ein besonders starkes Echo kommt vom Meeresgrund tief unter uns, schwaechere Echos von den Tieren in der Wassersaeule, und genau die sind es, die mich interessieren. Die Schallenergie der Echos verwende ich als Messgroesse fuer die Menge an Tieren unter dem Boot.
Das Echo alleine verraet in den meisten Faellen nur sehr wenig darueber welche Tiere unter dem Boot schwimmen, und so haben wir von Samstag Abend bis heute Nachmittag auch fleissig gefischt. Unser Arsenal an Netzen reicht von kleinen (ca. 40 cm Durchmesser) Ringnetzen bishin zum enormen Åkra-Trawl, einem Schleppnetz fuer Fische mit einer 110m breiten und 25m hohen Oeffnung. Somit koennen wir von mikroskopische Algen bishin zu Dezimeter grossen Fischen (fast) das gesamte Groessenspektrum an Meerestieren beproben. Nur in der Mitte haben wir ein paar Probleme. Uns fehlt, wie schon berichtet, das mittelgrosse Netz und so werden Tiere zwischen 1cm und 5cm nur teilweise erfasst.


Der  Åkra-Trawl geht ueber Bord

Nichtsdestotrotz waren unsere ersten Faenge voller wundersamer und wunderbarer Meerestiere. Leuchtende Tiefseefische, zappelnde Tintenfische, skurrill anmutende durchsichtige Nacktschnecken oder blau-fluoreszierende Krebschen. Ein paar der ueber 30 bisher gefangenen groesseren Arten sind im offiziellen Blog abgebildet, viele der nur millimetergrossen Planktonorganismen werden wir aber erst im Labor an Land bestimmen koennen.
Das Fischen ist mit Abstand der anstrengendste Teil der Expedition. Waehrend die Faenge der kleineren Netze ohne groessere Sortierung sofort konserviert in einem Schraubglas konserviert werden, bringt der Åkra-Trawl bottichweise Meeresgetier an Bord. Der Fang wird dann an einem langen Tisch sortiert, vermessen und gewogen, es werden Gewebeproben entnommen und die Tiere fuer weitere Untersuchungen an Land vorbereitet, und das benoetigt einige Stunden vollster Konzentration. Entsprechend kurz war die Nacht, und so kam eine zweite Runde akustischer Untersuchungen am Vormittag gelegen um den verpassten Schlaf nachzuholen. Am Nachmittag gingen dann bei ruhiger See und strahlendem Sonnenschein wieder die Netze ueber Bord. Diesmal gab es allerdings Probleme mit dem Åkra-Trawl, und so kam nur ein eiziger Bottich an Bord, der relativ schnell sortiert war.
Nach knapp 35 Stunden auf Station ging es dann mit der untergehenden Sonne weiter in Richtung Sueden. So uns das Wetter weiterhin wohlgesonnen bleibt, werden wir am Dienstag morgen dann unseren ersten Seamount, die Atlantis Bank.