Dr Philipp Boersch‑Supan

Quantitative Ecologist

Marine Science at its Best - Fehlerkorrektur mit Polaranzug, Fön und Fleischermesser

39° 50' S, 49° 58' E, Kurs 193°


Nach einer extrem anstrengenden Woche haben wir den dritten Seamount erfolgreich vermessen und befischt und stoßen jetzt nach Süden vor, wo wir gut 300 km südlich des Rückens eine weitere Kontrollstation im offenen Ozean geplant haben. Unterwegs soll die Subtropische Front überquert und vermessen werden, die Grenze zwischen dem warmen, salzigen Wasser der Tropen und dem kälteren Wasser aus dem Antarktischen Ozean. Alle 20 Seemeilen halten wir daher an um mit dem CTD physikalische und chemische Messungen in der Wassersäule zu machen.

Mit jedem Breitengrad den wir weiter nach Süden vorstoßen wird es kühler, waren es auf Réunion noch um die 30°C, ist es jetzt tagsüber nur noch 16-18°C warm, auch die Wassertemperatur hat um etwa 10°C auf 14°C abgenommen. Der kälteste Ort auf dem Schiff ist aber nachwievor der Gefrierraum mit -30°C, und in eben dem haben Kirsty und ich gestern eine knappe Stunde verbracht um einen kleinen Fehler aus der vergangenen Woche zu beheben. Zur Erinnerung nochmal der stolze Expeditionsleiter mit dem knapp 2m langen Sensenfisch (Trachipterus sp.):


Wie immer wenn die Netze an Bord kommen war es auch in dieser Nacht chaotisch an Bord und als das Folgenetz eingeholt wurde und alles schnell in Eimern, Gläsern oder Tüten konserviert werden musste, gab es ein 2m langes Problem und so wurde der Sensenfisch auf die Schnelle einfach ins Gefrierregal gelegt und das nächste Netz sortiert und konserviert und dann noch eins.

Mit der aufgehenden Sonne dämmerte es uns dann so langsam, das ein 2m langer Fisch und ein -30°C kaltes Metallregal eine sehr enge Bindung eingehen können und so wurde erstmal beschlossen den Fisch an seiner Stelle zu belassen, immerhin war er aufs Beste vor dem Verrutschen bei rauer See geschützt. Nach ein paar Tagen begann allerdings die Kopfpartie erste Zeichen von Gefrierbrand zu zeigen und so bedurfte es einer Lösung um den Fisch in ein geschlossenes Behältnis zu überführen.

Nach einer kurzen Strategiebesprechung ging es also erstmal quer durchs ganze Schiff. Erst zu den Ingenieuren um eine Heißluftpistole auszuleihen, dann in die Küche, wo wir das längste Messer an Bord in Beschlag nahmen (ein schweizer Qualitätsmesser mit knapp 40cm langer Klinge) und schließlich ins Labor um eine Rolle schwarze Müllbeutel und Gewebeband zu besorgen. Die praktischen Zip-Lock Gefrierbeutel werden nämlich leider nicht in Sensenfisch-kompatiblen Formaten hergestellt.

Unsere Ausrüstung wurde schließlich mit zwei Polaranzügen komplettiert. Eigentlich für die Arbeit im Nordatlantik bzw. der Antarktis angeschafft, hatten Tom und ich sie glücklicherweise in einem lichten Moment in Schottland in unseren Packsäcken verstaut.

Dick eingepackt ging es also in den Gefrierraum und dort wurde der Sensenfisch dann sehr sehr vorsichtig von seiner kalten Unterlage befreit, schließlich sollte der Fisch an sich nicht auftauen. Kirsty erhitzte das Lochblech des Regales vorsichtig mit dem Fön, gerade so lange, bis ich das Messer von einer Seite unter den Fisch schieben konnte, dann von der anderen, und dann wurde schnell eine Plastikfolie in den gewonnenen Spalt gezogen. Besondere Vorsicht war bei der Rückenflosse geboten, die sich über die ganze Länge des Fisches zieht und aus einer dünnen, transparenten Haut besteht.


 Ein Doktorand (mit Messer) und eine promovierte Meeresbiologin (mit Fön) bei der Arbeit. Ein gutes Stück des Fisches ist schon mit Folie unterfüttert.


So arbeiteten wir uns zentimeterweise bis zum Kopf des Fisches vor. Mit 4 Müllsäcken unterfüttert wurde der Fisch dann vorsichtig in weitere Säcke verpackt und gut mit Klebeband versiegelt. So ist er jetzt hoffentlich bestens verpackt und macht am Ende der Expedition wohlbehalten einen Ichthyologen eine große Freude.